Für heute Nachmittag sind wir von Maria zum Essen eingeladen. Da empfiehlt es sich, vorher nur wenig zu sich zu nehmen. Sie ist da unerbittlich. Nahrungsverweigerung gibt es bei ihr nicht. Was es gibt, ist noch ihr Geheimnis.

Im Haus sind jetzt alle fünf Wohnungen belegt. Das Babykreischen von Marias Enkelsohn bringt akustische Abwechslung in die Villa Panorama.
Die mafiöse Baustelle wird aufgeräumt. Ein Bulldozer schiebt alles zusammen, ein Lkw bringt’s weg. Wer weiß, wohin. Was noch gebraucht wird, muss beiseite geschafft werden. Arbeiter schleppen 80 cm x 80 cm große Fliesen auf dem Rücken den Berg hinauf. Bei den drückenden Temperaturen heute Morgen ein Schweiß treibendes Unternehmen. Jüngere stemmen sogar zwei Stück auf ihren Rücken.
Die jungen Russinnen sind auch wieder am Strand. Im Schatten. Mit partiellen Verbrennungen zweiten Grades, würde ich mal tippen. Die Hitze, die sie momentan in sich tragen, dürfte jeden Brandschutzmelder an der Hotelzimmerdecke zum Auslösen bringen.
Vom Strand zurück erwartet uns in der Wohnung eine Überraschung. Drei hübsch in Geschenkpapier verpackte Päckchen. Von unseren Gastgebern. Zwei für die heimgereiste Tochter(steht handgeschrieben drauf) und ein größeres mit einem Kärtchen dran „Zum Hochzeitstag“. Der ist allerdings definitiv erst im Oktober (so grob weiß selbst ich das). Ratlosigkeit erfasst uns. Wieso sollten die unseren Schicksalstag im Mai verorten? Sollen wir sie darauf aufmerksam machen? Sie unter Umständen damit düpieren? Das könnte peinlich werden. Wird. Es. Auch! Für uns.
Das Geschenk ist für Sohnemann Nr. 1, der im September heiratet. Oh, Mann!
Maria hat groß aufgetischt. Feta-Käse, gefüllte Hähnchenbrust, Salat, Sofrito* mit Kartoffelpüree. Dazu gibt es Rotwein, der von ihrem Bruder, einem Popen, höchst eigenhändig in Krini hergestellt wurde. Läuft fast ölig aus der (Plastik-) Flasche und geht sofort in die Nervenzentrale. „Ist ja auch mit christlichem Segen versehen; praktisch wie Weihwasser“, erklärt Maria die Qualität und die Wirkung.
Zum Abschluss Eis und selbst gebackenen Kuchen. Ich platze.
Die Müll-Krise wird ebenso heiß diskutiert wie die Korruption in den Behörden und die griechischen Mutterschutzfristen. Unfassbar: nach Theofilos‘ Tod vor drei Monaten wartet die Familie immer noch auf den behördlichen Erbschein. Nach mehreren Streiks ist der Antrag irgendwo in den Amtsstuben verschollen.
Abends ins „Vistonias“, einer Cocktailbar im mittleren Teil der Bucht. Stylisch mit leckeren Drinks. Spiros, der junge, perfekt, weil in Hamburg geboren und aufgewachsen, deutsch sprechende Wirt hat Geburtstag, stellt sich uns vor und es gibt sogar ihm zu Ehren ein Feuerwerk am Strand. Ein wirklich schöner Ausklang des Tages. Tja, wäre da nicht der Anstieg zurück zum Haus. Denn wir sind autofrei unterwegs und kommen im eigenen Saft schwimmend oben an.
Der Mond stiehlt sich erst gegen Mitternacht ganz langsam hinterm Berg hervor. Beeindruckend!
Rommé ohne Aufschreiben. Kann man (ich) mit leben.
Die heimgekehrte Tochter ist wohl behalten am Nürburgring eingetroffen. Das Zelt ist aufgebaut und der Kontakt ab sofort eingestellt, weil ohne Netz.
Jürgen Marcus ist gestorben.
* Sofrito (griechisch Σοφρίτο) ist ein Schmorgericht aus Kalb- oder auch Rindfleisch und gehört zu den bekanntesten Spezialitäten der Küche Korfus.
Zur Zubereitung wird zuerst ausgesuchtes, mageres Fleisch aus der Hüfte vom Kalb oder Rind in daumendicke Scheiben geschnitten, eventuell geklopft, in Mehl gewendet und in Olivenöl kräftig angebraten.
Dann wird mit Weißwein oder etwas Weinessig abgelöscht, gehackte Petersilie, Knoblauch, Lorbeer, Salz und Pfeffer hinzugegeben, mit Wasser aufgefüllt, so dass alle Zutaten knapp bedeckt sind, und alles sanft geschmort bis das Fleisch zart ist. Übliche Beilagen sind Reis, gebackene Kartoffeln oder Kartoffelpüree.(Quelle: Wikipedia)