Samstag, 26. Mai

Heute fliegt die mitreisende Tochter heim.

Vier verschiedene Abflugzeiten wurden uns gestern angeboten. Diese Fluggesellschaft ist der Hammer!

Die Fahrt zum Airport von Agios Georgios dauert eine knappe Stunde. Da die Strecke über Aspiotades immer noch gesperrt ist, nehmen wir die Route über Pagoi, Vatonis und Arkadades. Eine absolute Empfehlung auch für Rollertouren und Radfahrer. Zwischen uralten Olivenbäume geht es permanent bergan. Auch im Hochsommer ist es hier im Schatten immer angenehm kühl.2018 Korfu Berge

Ganz im Gegensatz dazu die Hitze am Airport.

Das seit Jahren bekannte Bild, wenn man es geschafft hat, in die Abflughalle zu kommen: Ungeordnete Massen von Menschen. Für den Korfu-Neuling ein völlig undurchschaubares Abfertigungsverfahren. Erst mit Koffer in die Schlange am Check-In-Schalter. Mit dem, dann gewogenen und mit einer Banderole versehenen Koffer in die Schlange am Koffer-Durchleuchtungsgerät. Und dann in die Schlange vor der Personenkontrolle, die sich heute erst aus dem Gebäude hinaus und dann wieder hinein windet. Was beim Spieleklassiker „Snake“ vermieden werden soll, weil man dann verloren hat, passiert am Flughafen der „smaragdgrünen Insel im ionischen Meer“ standardmäßig: die verschiedenen Wege der Schlangen kreuzen sich, natürlich auch mit all jenen Orientierungslosen, die die permanent ankommenden Shuttle-Busse ebenso permanent ausspucken. Zu alldem passt, dass einem von Seiten des griechischen Personals überall nur grobe Unfreundlichkeit begegnet. Auf dass man bloß nicht wiederkomme.

Einziger Trost: Wer das Chaos am Korfu-Airport überstanden hat, den wird kein anderer Flughafen auf der ganzen Welt jemals wieder erschrecken können.

Korfu 2018 BootNach einigen Jahren besuchen wir mal wieder die Stadt. Es ist eigenartig entspannt, sehr sauber und aus den zahlreichen Souvenir-Läden wabert der Duft der parfümierten Olivenölseifen durch die Gassen.

Viele Müllberge hat man vor dem letzten Montag entfernt. Es war Feiertag zu Ehren der Vereinigung der ionischen Inseln und ministerieller Besuch aus Athen hatte sich angesagt. In den anderen Städten und Dörfern stinkt es nach wie vor gen Himmel.

Auch die Temperaturen sind erträglich. Dann ein plötzlicher „Wow–was-ist-das-denn?“-Moment. Hinter einer Straßenecke tut sich der Blick auf den Platz vor dem Rathaus auf. Ein riesiger Baum mit himmelblauen Blüten und einem fast schon narkotisierenden Duft beherrscht das Bild. Dahinter eine kaskadierende Bougainvilla von gewaltigem Ausmaß in einem ebenso gewaltigem Rot.

2018 Korfu City
Vor dem Rathaus: Die „Plaza“ Dimarchiou

Wir genießen in einem kleinen Cafénion, dem Στάζει Μέλι am Rande des Platzes bei Frappé (heute mal „sketo me Gala“, ohne Zucker mit Milch) und Cappuccino den Blick und das geschäftige Treiben der Touris und der vielen Einheimischen, die heute über die Mehrheit zu verfügen scheinen.

Plötzlich springt Madame ein braunes Etwas ins Auge, das den Stamm der hinunter huscht. Nach der anfänglichen Vermutung, es könnte sich um einen Waschbär handeln, erweitert sie die Auswahl auf Nutria bevor wir uns schließlich auf eine ziemlich buschige Katze einigen, die sich friedlich in die Büsche schlägt.

Zu unserer beider (!) Zufriedenheit werden wir auch schnell bei den Urlaubsmitbringseln fündig.

Wir beschließen, die Ostküste entlangzufahren. Und stoppen auf der Küstenstraße oberhalb der Bucht von Kalami für ein Fotoshooting. Das Motiv mit dem weißen Haus auf der ins Meer ragenden Landspitze ist eines der bekanntesten auf Korfu. Wir kommen nicht gleich auf den Namen des Schriftstellers, der hier sein Epos zu Papier brachte. Madame schlägt Heinrich Heine vor. Am Ende ist es laut Reiseführer Lawrence Durrell*, der sechs Jahre auf Korfu lebte. 1963 veröffentlichte er seine Liebeserklärung an die Insel. Deutscher Titel: „Schwarze Oliven“.

Das weiße Haus ist jetzt eine Taverne.

2018 Korfu Kalami 2
Die Ostküste. Zahlreiche malerische Buchten. Hier Blick gen Kalami und die Taverna Kouloura.

Von der Straße, wo sich unsere Handys bereits ins albanische Netz einloggen, biegen wir wenig später ab Richtung Agios Stefanos (Siniès). Malerischer kann eine Bucht kaum sein. Das grenzt schon fast an Kitsch. In einem der idyllisch direkt am Wasser gelegenen Restaurants lacht uns in einer Kühlvitrine der am Morgen frisch gefangene Fisch an. Die Küche der Taverna Eucalyptus bietet Essen der gehobenen Qualität an. In Anbetracht der Tageszeit entscheiden wir uns aber für Kumquat-Kuchen mit Vanilleeis und bereuen es nicht.

2018 Korfu Agios Stefanos
Der Blick von der Terrasse der Eucalyptus-Taverna ist unübertrefflich

Zwischendurch ruft die heimgereiste Tochter an, deren EC-Karte von dem dämlichen Automaten im Flughafen-Parkhaus nicht akzeptiert wird.

Ob es denn dort irgendwo einen Geldautomaten gebe?!

2018 Korfu Parkhausgebühr
Eine Woche geparkt!

1.600 Kilometern entfernt, fragen wir nicht nach der Sinnhaftigkeit oder dem Nutzen eines solchen Anrufs, sondern genießen einfach den Augenblick, wo man uns als Eltern noch zu brauchen scheint. Weitere sollten am Abend folgen.

 

 

 

 

 

Das Licht am späten Nachmittag taucht die Landschaft in satte Farben und zaubert Postkartenmotive vor die Kamera.

2018 Korfu Ag Georgios Sonnenuntergang 3

Abends gibt es dann Wäscheberatung per Skype. Die heimgereiste Tochter hält die Kleidungsstücke vor die Handy-Kamera und Mutti entscheidet, ob hell oder dunkel, 30 oder 60 Grad.

Ausklingen lassen wir diesen schönen Tag im „Delfini„, einem überwiegend von Deutschen besuchten Fischrestaurant mit langer und entsprechend gepflegter Tradition in Agios Georgios. Nach mit Käse überbackenen Champignons und Schinken, gibt es Thunfischsteak und gegrillten Oktopus**.

Auf dem Großbildschirm im Hintergrund schlägt Real Madrid im Champions League-Finale die Elf von Liverpool mit 3:1.


*über Lawrence Durrel bei Wikipedia

**zum Unterschied zwischen Tintenfisch, Sepia, Krake, Kalamar und Oktopus hier ein informativer Artikel.

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